fbpx
Schriftgröße: +

Libero oder Außen, das ist hier die Frage

64449761_2196169033832557_721699555363520512_2 Foto: a.nya photo

Tim Peter war den Sommer über mit der Nationalmannschaft unterwegs, fuhr aber mehr oder weniger als Libero mit und durfte nich einmal auf dem Feld stehen. Wie er trotzdem damit zurecht kam und wie seine Eindrücke waren, erzählt er im Interview.

Tim, wie war dein Sommer?

Ich durfte ja bei der A-Nationalmannschaft mehr dabei sein, als eigentlich geplant war. Insgesamt vier von fünf Wochen, nur in Kanada nicht. Ist schon glücklich gelaufen und war richtig cool. Die Vorbereitung war fast das Highlight. Ich habe als Außenangreifer voll mittrainiert, auf komplett anderem Niveau und mit viel Spaß viel gelernt. Der Trainer sieht viel und gibt nochmal einen ganz anderen Input. Andrea Giani ist auch ein ganz anderer Trainertyp, zuvor habe noch nie mit einem Italiener trainiert. Auch der Co-Trainer und Scout drumherum sehen viel und sind rund um die Uhr dabei. Es war echt viel Wert da dabei zu sein und das erlebt zu haben. Während der Volleyball Nations League habe ich dann viel als Libero trainiert, aber das war gar nicht mal schlecht, da die Annahme als Außen auch wichtig ist.

Hast du, bis auf die eine Woche, alles am Stück mit der Mannschaft verbracht?

Die zweite Woche war ich zu Hause, ansonsten war alles am Stück. In der dritten Woche waren wir in Frankreich in Cannes. Zum Beispiel ging es über Frankfurt nach Sao Paolo und dann Cuiaba, wo die VNL war. Von Sao Paolo ging es wieder zum Zwischenstopp in Frankfurt und weiter nach Leipzig. Wenn du 30 Stunden unterwegs bist kannst du auch nicht mal kurz nach Hause fahren. Du musst ja auch wieder trainieren.

Wo hat es dir besonders gefallen?

In Brasilien waren es 6.000 Fans in einem riesigen Stadion. Die rasten alle aus und haben uns, außer gegen Brasilien, angefeuert. In Leipzig war es natürlich cool, meine Familie war da. Auch wenn das hier ein bisschen durch die Beach-WM unter ging. Da haben besonders die polnischen Fans Gas gegeben. In Frankreich war es nicht so voll, aber Cannes ist richtig schön. China war interessant, aber wir waren leider zur Regenzeit dort.

Du bist ja als Libero mitgefahren, anstatt als Außen und hast kein einziges Mal gespielt. Wie schätzt du die Situation allgemein ein?

Schwer zu sagen, ich glaube jeder fängt mal klein an und wenn man sich die anderen Außen anschaut, ist das schon absolut berechtigt, dass die da stehen. Bei zwei Spielen in Frankreich war ich ja als Außen eingetragen, sobald ein anderer verletzt war. Und Julian Zenger ist so ein guter Libero, da ist nichts zu machen. Ich habe trotzdem sehr positives Feedback erhalten und es war ja schließlich das erste Mal, dass ich da richtig dabei war. Es war ideal zu sehen, wo es mal leistungstechnisch hingehen soll. Ich werde mich auf jeden Fall daran orientieren und auch in der kommenden Saison in Herrsching umsetzen, was ich gelernt habe.

Was war das zum Beispiel?

Die Annahme ist quasi einfacher strukturiert. Das ist natürlich erstmal eine Technik, die du umsetzen musst. Im Angriff habe ich ein wenig den Anlauf angepasst bzw. wie man dann zum Ball steht. Vor allem konnte ich lernen, wie man Bälle löst, mehr mit den Fingern des Blocks arbeitet und vorbeizuschlägt oder clever legt. Auch im Aufschlag habe ich nur Sprungaufschläge gemacht, sonst mache ich ja nur Floats. Da hat Giani mir viel geholfen, das ist auch seine Philosophie. Heißt, der Aufschlag ist der erste Angriff. Das lief auch gut und konnte ich am besten umsetzen.

Wie ist der Trainerstaff genau zusammengestellt?

Giani hat seine eigenen Trainer dabei, mit Athletiktrainer, Co-Trainer und Scout. Alles Italiener. Und Thomas „Bob“ Ranner (Ex-Herrsching) organisiert alles als Teammanager.

Habt ihr auch Videoanalysen gemacht?

Ja, wir haben uns ziemlich viel selbst angeschaut, sogar mehr als die Gegner. Auch taktisch mehr auf uns selbst, weniger wie man auf den Gegner reagiert. Ich weiß dadurch besser, wie ich mich zu verhalten habe und was meine Position bedeutet und meine Aufgaben sind.

Mit wem warst du auf dem Zimmer?

Am Anfang mit Markus Böhme. Da war ich auch ehrlich gesagt ein bisschen nervös, weil ich viel Respekt vor ihm hatte. Dann mit David Sossenheimer. Das sind beide echt coole Typen, aber ich kam mit jedem gut klar.

Verbringt ihr viel Zeit auf dem Zimmer?

Ja schon, da haben wir die meiste Zeit mit Karten gespielt. Aber um raus zu gehen war auch mal Zeit.

Wie ist so die Belastung mit der Fliegerei?

Die ist wirklich krass, da hatte ich noch „Glück“, das ich nicht in Kanada mitgeflogen bin. Mit dem Zeitunterschied hatte ich anfangs in China echt Probleme. Da war ich den ganzen Tag müde und hatte keinen Hunger. Aber dann ging es. Nach dem Krafttraining ist man sowieso müde und kommt wieder in den normalen Rhythmus.

Wie sah denn sonst so der Tagesablauf aus?

Morgens Kraft- oder Balltraining und abends wieder zwei Stunden mit dem Ball. Meistens 6 gegen 6 und Giani wirft die Highballs rein. Da ging es gar nicht mehr um technische Kleinigkeiten, das war eher in der Vorbereitung.

Jetzt steht ja die EM an, wie sind da deine Chancen?

Es gibt noch keine offizielle Einladung, aber ich soll mich vorbereiten. Dafür habe ich Trainingspläne für die Athletik bekommen, die setze ich jetzt um. Das große Ziel für die Nationalmannschaft ist jetzt gut in der EM zu spielen und dann sehr gut Richtung Olympia Qualifikation, die ist im Januar und wird verdammt schwer. Für die EM schätze ich meine Chancen leider nicht so groß ein. Ich habe ja eher davon profitiert, das andere verletzt waren.

Und dann studierst du ja noch nebenbei…

Ja, ich studiere im vierten Semester Maschinenbau an der TU München. Im August schreibe ich dann 6 bis 7 Prüfungen. Davon muss ich auch ein paar bestehen. Der Vorteil ist, dass ich die Prüfungen so oft schreiben kann wie ich will, allerding muss ich in acht Semestern fertig werden. Da bin ich noch voll im Zeitrahmen, deswegen passt das und es macht wirklich Spaß.