Von Benedikt Pohlus auf Samstag, 24. Februar 2018
Kategorie: News: 1. Volleyball Bundesliga

Doppel-Comeback ohne Lohn

Es ist hauchdünn und mehr als ein Achtungserfolg. Am Samstag unterliegt der GeilsteClubderWelt mit 1:3 (19:25, 15:25, 25:23, 29:31) beim Rekordmeister VfB Friedrichshafen, ist dabei nur einen Punkt von der Sensation entfernt. In Durchgang vier hat der GCDW Satzball zum 2:2-Ausgleich, doch der Favorit entkommt dem ersten Punktverlust der Saison.

Wie so oft in dieser Saison ist der GeilsteClubderWelt in der Lage, auch die ganz großen Mannschaften der Liga zu ärgern. Das sollte die Jungs in Lederhosen zuversichtlich stimmen das Meisterschaftsfinale - letztlich können sich Max Hauser & Co. davon nichts kaufen. Hätte der GCDW nach Satz drei und einem großartigem Comeback in Satz vier eben diesen Durchgang für sich entschieden, hätten die Volleyballer vom Ammersee Historisches geschafft: Für den VfB wäre es die erste Punkteteilung der Saison gewesen. Hätte, wenn und aber - der GCDW steht am Ende mit leeren Händen da. Symbolisch: Christoph Marks, der angeschlagen in die Partie geht und auf die Zähne beißt, stützt nach der Partie gedankenverloren und mit leerem Blick die Hände auf die Oberschenkel.

Bis es allerdings zu diesem Bild kommt, vergehen zwei Stunden Bundesliga-Volleyball in der ZF-Arena. Und das ist mehr, als die rund 2.000 Zuschauer zwischenzeitlich erwarten konnten. Nach ausgeglichenem Beginn, der GCDW kommt sogar noch etwas besser aus den Startlöchern (8:6, 14:12), macht der Tabellenführer Ernst. Andreas Takvam serviert stark (15:17) und zwei Blocks später steht es bereits 15:20 - Satz eins ist futsch, nachdem Martin Atanasov den zweiten Satzball zum 19:25 verwandelt. Die Häfler legen nach, der GCDW gerät schnell mit 1:4 ins Hintertreffen. Der Ex-Herrschinger Daniel Malescha erzielt nach langem Ballwechsel das 6:1 und ist nun bestens im Spiel. Im ersten Satz hatte er sich noch den Ärger seines Trainers Vital Heynen zugezogen. Beim Aufschlag brachte er den Ball nur noch so eben innerhalb der Zeit über das Netz, der Punkt ging nach diesem laschen Service an Herrsching. Malescha band sich erst nach dieser Szene die Schuhe und durfte sich einiges von seinem Coach anhören. In der Folge ist davon nichts mehr zu merken - Malescha erzielt insgesamt 23 Punkte gegen seinen Ex-Verein und ist Topscorer des Abends. Bis auf 4:12 geht es dahin, man musste fast Angst haben um den GCDW, weil die Annahme so gar nicht kommen wollte. Auch die Aufmunterungen durch Libero Ferdi Tille (Bild), der sich wie immer vorbildlich in jeden Ball warf, brachten keine Verbesserung. Nach dem deutlichen 15:25 gab es nur noch eins: Alles vergessen, um jeden Punkt kämpfen und sich achtbar aus der Affäre ziehen.

Und der GeilsteClubderWelt schafft die Trendwende. Trainer Max Hauser hatte sich mittlerweile des Kapuzenpullis entledigt, im T-Shirt lebte er nun den Kampfgeist vor, den er von seinen Mannen sehen wollte. Als Andre Brown mit einem Block das 13:10 erzielte, war es auch um die Ruhe im Spiel des Rekordmeisters bestellt. Beim folgenden strittigen Punkt zum 14:10 war Vital Heynen nicht mehr zu halten, im Tumult es gab eine gelbe Karte für die Häfler. Herrsching bleibt fokussiert, stellt durch einen langen Aufschlag von Christoph Marks auf 18:14, muss aber noch einmal kräftig kämpfen. Kurze Zeit später steht es 19:19, erst der Dreierblock zum 21:19 setzt das Signal zum Satzgewinn. Der VfB kämpft sich nach dem 24:21 noch einmal heran (24:23), doch Andre Brown, Silber-MVP mit 16 Punkten, macht den viel umjubelten Satzgewinn perfekt. Wer hätte nach diesen ersten beiden Sätzen gedacht, dass es der GCDW den United Volleys gleichtun könnte und ebenfalls einen Satz am Bodensee gewinnen könnte?

Doch die Jungs in Lederhosen sind in dieser Saison für Ihre Comebacks bekannt und setzen in Sachen Spannungsbogen noch einen drauf: Als Gold-MVP Martin Atanasov (21 Punkte) seine Aufschlagserie auspackte und den GCDW mit 9:16 ins Hintertreffen brachte, sah es erneut schlecht aus. Doch Christoph Marks, an diesem Abend mit Flatter- statt mit Kracher-Aufschlägen unterwegs, verkürzte mit einem sehr kurzen Service auf 15:18. Martin Krüger, der erneut Michal Sládecek (nur Kurzeinsätze) glänzend vertrat, legte frech ab zum 16:19 und gab damit das Signal: Es ist noch was drin für uns! Ein starker Block von Andre Brown (19:22), Tom Strohbach (19 Punkte) schlägt den Block an (20:22) und wieder Mittelblocker Brown, der eine VfB-Annahme direkt verwertete - plötzlich steht es 21:22, danach ausgeglichen. Alles ist möglich, als Wilhelm Nilsson mit seinem Block das 26:25 markiert, doch Friedrichshafen zieht den Kopf aus der Schlinge und wehrt den Satzball ab. In der Verlängerung geht es hin und her, bis Andreas Takvam den finalen Punkt zum 29:31 erzielt und alle Hoffnungen des GCDW erstickt.

Das doppelte Comeback vom Bodensee beweist, dass mit den Herrschingern immer zu rechnen ist in dieser Saison. GCDW-Coach Max Hauser war daher "relativ zufrieden. Wir haben gut angenommen und gut aufgeschlagen." Ein Haar in der Suppe fand der Übungsleiter auch: "Teilweise spielen wir noch zu undiszipliniert. Daran müssen wir in den nächsten Wochen arbeiten. Aber wir haben gute Erkenntnisse gewonnen." Nun heißt es: Die Blessuren auskurieren und in den abschließenden drei Begegnungen nach dem kommenden Pokalwochenende noch einmal alle Kräfte reinzulegen, um möglichst viele Punkte zu ergattern. Punkte, die der verdiente Lohn wären für Leistungen wie am Samstag gegen den Rekordmeister.